Behandlung SPRACHE

Erwachsene

Sprachstörungen im Erwachsenenalter sind erworbene Sprachstörungen, die durch Schädigungen des zentralen Nervensystems der sprachrelevanten Hirnareale entstanden sind. Häufig nach einem Schlaganfall oder anderen Schädigungen und Erkrankungen des Gehirns, wie zum Beispiel Tumore, Traumata oder Hirnblutungen.

Aphasie:

Es gibt unterschiedliche Aphasiesyndrome (Wernicke Aphasie, Broca Aphasie, globale Aphasie, Amnestische Aphasie) die sich in ihrem Erscheinungsbild und ihren Symptomen unterscheiden können. Dazu gehören Wortfindungsstörungen, Störungen des Sprachverständnisses, der Lautproduktion, des Satzbaus und Beeinträchtigungen in der nonverbalen Kommunikation (z.B. Blickkontakt und Reaktion auf Sprache).

Dyslexie:

Eine Dyslexie ist eine erworbene Lesestörung. Die Fähigkeiten des Lesens können leicht bis schwer beeinträchtigt sein. Störungen in der Wahrnehmung und der Erkennung von Buchstaben, der Laut-, Silben-, Wort-, Satz- und Texterkennung können beeinträchtigt sein.

Dysgraphie:

Die Dysgraphie beschreibt eine erworbene Schreibstörung. Die Fähigkeiten des Schreibens können leicht bis schwer beeinträchtigt sein. Hierbei zeigen sich Störungen in der Umsetzung des Schreibens von einzelnen Buchstaben bis in Fließtexte. Auch die persönliche Handschrift kann verändert sein.

Kinder

Late Talker

Als Late Talker (späte Sprecher) werden Kinder bezeichnet, die mit 24 Monaten weniger als 50 Wörter sprechen und/ oder keine Zweiwort- Sätze bilden können und hierfür keine medizinische Ursache gefunden werden kann (Intelligenzminderung, Hörstörung etc.)

Ungefähr 1/3 der Kinder holen den Rückstand bis zum 3. Geburtstag alleine auf. Diese bezeichnet man dann als Late Bloomer.

Ab dem 3. Lebensjahr spricht man dann von einer Sprachentwicklungsstörung (SES).

Physiologische Sprachentwicklung:

Das Hören entwickelt sich bereits während der Schwangerschaft. Ungefähr in der 20. Schwangerschaftswoche ist das Innenohr vollständig entwickelt und das Baby ist nun in der Lage Geräusche zu hören. Nach der Geburt erkennen Babys anhand der Sprachmelodie, wie/ mit welcher Emotion etwas gesagt wird. Mit drei Monaten nimmt das Baby gezielt den Blickkontakt auf. Es beginnt mit seiner Stimme zu experimentieren. Im weiteren Verlauf entwickelt es das Verständnis für den eigenen Namen, später für Schlüsselwörter in bekannten Situationen. Mit drei Monaten beginnt das Baby einzelne Laute zu produzieren. Hierbei handelt es sich meistens um sogenannte Rachenlaute (Gurrlaute). Mit ungefähr sechs Monaten entwickeln sich neue Laute wie die Vokale oder vordere Laute wie /F/, /M/. Das Baby kann jetzt der Blickrichtung des Gegenübers folgen. Der nächste Schritt in der aktiven Sprache ist die Produktion von Silben, die sogenannte Lallphase (abwechselnde Produktion/ Bildung von Konsonanten und Vokalen z.B.: bababa). Ungefähr mit dem neunten Monat setzt das Kind gezielt Gestik ein, wechselt mit dem Blickkontakt vom Gesprächspartner zum Kommunikationsgegenstand (= triangulärer Blickkontakt). Im zweiten Lebensjahr wächst der passive Wortschatz (Sprachverständnis) rasant an (ca. 3-5 Wörter pro Woche). Um den 1. Geburtstag herum beginnt die Sprachproduktion mit sogenannten Protowörtern (situationsabhängig in bekannten Situationen). Mit 18 Monaten beginnen Kinder Gesprochenes der Erwachsenen zu imitieren. Der Wortschatz wächst jetzt rasant (Wortschatzexplosion) und es werden erste Wortkombinationen (z.B.: Mama da) gebildet.

Bei folgenden Kriterien empfehlen wir eine fachliche Beratung:

  • wenn ihr Kind mit 10-12 Monaten auf Ansprache nicht reagiert
  • sich ihr Kind Geräuschen nicht zuwendet
  • wenn mit 12 Monaten keine Silben produziert werden
  • wenn Blickkontakt oder Gesten nicht genutzt werden, um einen Wunsch zu äußern
  • wenn ihr Kind mit 24 Monaten weniger als 50 Wörter spricht
  • wenn ihr Kind mit 3 Jahren anhaltend schwer verständlich ist

Phonologische Störungenverzögerte, phonologische Entwicklung

sind ebenfalls Sprachstörungen. Im Zuge der Sprachentwicklung zeigen viele Kinder Lautersetzungen und / oder Auslassungen und/ oder Lauthinzufügungen. Viele dieser Prozesse sind physiologisch, d.h. kommen regelrecht in der Sprachentwicklung vor, wie z.B.: die Ersetzung von Lauten der hinteren Artikulationszone durch Laute vordere Laute, (z.B. „Tinderdaten“ statt „Kindergarten“). Diese Prozesse sind erst nach Überschreiten des „Normerwerbsalters“ therapierelevant.

Von einer verzögerten, phonologischen Entwicklung spricht man, wenn das Kind ausschließlich physiologische Prozesse zeigt, aber mindestens ein Prozess länger als 6 Monate über die Normerwerbszeit hinaus anhält. Andere Prozesse kommen nicht in der physiologischen Sprachentwicklung vor und sind daher pathologisch und immer therapierelevant (z.B.: Rückverlagerungen von Lauten z.B.: „Keller“ statt „Teller“).

Lauterwerb (nach Fox, 2009):

1,6 – 1,11 Jahre: m, b, p, d, t, n

2,0 – 2,5 Jahre: w, h, s/z

2,6 – 2,11 Jahre: f, l, k, ng, ch2 (wie in dem Wort „Buch“), r, g, k, pf

3,0 – 3,5 Jahre: ch1, ts, Konsonantenverbindungen: bl, br, fl, dr, tr, gl, kl

3,6 – 3,11 Jahre: SCH, Konsonantenverbindungen: gr, kr, kv, schm, schn, schr, schp, schw

4,0 – 4,5 Jahre: Konsonantenverbindungen: jn, schl, schpr, schr, scht

Sprachentwicklungsstörung (SES)

Die Sprachentwicklungsstörungen bilden eine weitere Untergruppe der Sprachstörungen. Hierbei können die Bereiche Sprachverständnis, Wortschatz (Semantik), Wort- und Satzbildung (Syntax- Morphologie) betroffen sein. Auch Störungen der Kommunikation (Pragmatische Störungen) können auftreten.

Pragmatische Störungen

Unter Pragmatik versteht man die Fähigkeit nicht- sprachliche Inhalte wie Gestik, Mimik und sprachliche Inhalte (Laute, Wörter, Sätze) zu verstehen und anzuwenden (Blickkontakt aufnehmen und halten, Gespräche initiieren, zuhören- abwarten, Fragen stellen etc.). Bei einer Störung derselben können diese Bereiche betroffen sein.

Syntax/ Morphologie

Die Kinder weichen entweder zeitlich vom physiologischen Grammatikerwerb ab oder haben Schwierigkeiten sich das Regelsystem der Grammatik anzueignen. Diagnostisch können z.B.: folgende Auffälligkeiten festgestellt werden:

  • starre Satzmuster (z.B.: fehlende Topikalisierungen)
  • fehlende Verbzweitstellung im Hauptsatz
  • fehlende Funktionswörter (Artikel, Präpositionen)
  • fehlende Satzglieder etc.

Semantische Störungen:

Dies bedeutet, dass eine Störung der Wortbedeutung, der Bedeutungsentwicklung vorliegt. Somit ist die inhaltliche Vernetzung des Wortschatzes beeinträchtigt. Diese Kinder bauen beispielsweise keine semantischen Kategorien auf oder grenzen semantische Felder unzureichend voneinander ab.

Lexikalische Störungen:

Bezeichnen eine Störung entweder im Bereich der Wortfindung oder der Wortspeicherung. Kinder mit einer Wortfindungsproblematik können Wörter in bestimmten Situationen nicht zuverlässig abrufen. Das Wort liegt dem Kind ,auf der Zunge`, lässt sich aber letztendlich nicht finden. Infolgedessen kommt es zu Satzabbrüchen, Umschreibungen, Vermeidensverhalten.

Kinder mit einer Wortspeicherstörung können erlernte Wörter nicht sicher abspeichern.

Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS)

Eine AVWS umfasst Beeinträchtigungen der zentralen Hörprozesse, wobei das periphere Hörvermögen intakt ist. Eine Störung kann die Teilfunktionen der zentral-auditiven Wahrnehmung in unterschiedlicher Art und Ausprägung betreffen:

  • Lokalisation (Richtung und Entfernung eines auditiven Signals)
  • Selektion (Herausfiltern von sprachlichen und nicht-sprachlichen auditven Signalen)
  • Diskrimination (Unterscheidung von verschieden auditiven Signalen/ z.B. Wipfel vs. Zipfel).
  • Aufmerksamkeit & Konzenration (geringe Speicherfähigkeit/ schnell aufkommende Unruhe oder Ermüdung)
  • Speicherung & Sequenz (Merkfähigkeit von Wörtern in einem Satz, z.B. beim Diktat)
  • Analyse („Welche Laute hörst Du im Wort Hand?“/ alle Laute in einem Wort heraushören zu können)
  • Synthese (Zusammenziehen von Lauten zu Silben/ beim Lesen alle Buchstaben wahrnehmen und zusammensetzen können.
  • Ergänzung (fehlende Ergänzung auf Wortebene, z.B. Pi-at statt Pirat)